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1. a) Wofür will ich in einem Cohousing Projekt leben? Was soll es für mich ermöglichen? Was ist meine Sehnsucht?

Ich möchte diesen wunderschönen Platz, auf dem ich selbst aufgewachsen bin, neu gestalten, um dort ein bestmögliches gemeinsames Wohnen, Leben und Wirken mit anderen Menschen zu verwirklichen. Dafür bin ich bereit meine neuen Wurzeln in Wien aufzugeben und aufs niederbayerische Land zu ziehen.

Das Modell des Einfamilienhauses auf dem Land ist mir zu einsam und zu eindimensional – ich möchte es wagen neue Formen des Zusammenlebens zu entdecken und zu entwickeln. Seitdem ich Mutter geworden bin, sehe ich die Welt mit anderen Augen und das nigerianische Sprichwort „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen oder ein Kind stark zu machen“ verdeutlicht, welche Atmosphäre ich mir für das Heranwachsen meiner Tochter wünsche: Wenn es gut läuft, finden Kinder neben ihren Eltern und außerhalb der Kleinfamilie Zuwendung, Zuspruch und wichtige Bezugspersonen.

Ich will nicht all meine Energien an den Hof binden, was bei so einem großen Platz schnell passieren kann, sondern auch noch frei für anderes im Leben sein – und trotzdem ein schönes Zuhause genießen. Aus diesem Grund möchte ich mir den Lebensort mit all den Vorzügen aber auch der anfallenden Arbeit mit anderen Menschen teilen.

Meine Sehnsucht ist es gemeinsam einen Wohlfühlort zu schaffen, eine kleine paradiesische Oase, ein Kraftort für alle Bewohner*innen und darüber hinaus. Eine Heimat für uns und für die Kinder. Ideal wäre es, wenn es uns gelingt einen Lebensort zu kreieren, welcher flexibel für alle Lebensphasen bis ins hohe Alter an die verändernden Bedürfnisse mitwachsen und sich neu anpassen kann. Ich denke dabei z.B. auch an modulare Grundrisse der Wohneinheiten, welche die unterschiedlichen Bedarfsräume von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und älteren Menschen vielleicht von Anfang an latent vorausschauen.

Ich wünsche mir echte Co-Kreation mit anderen zu leben und erhoffe mir die nötigen Fähigkeiten dafür anzueignen. Ich hoffe, dass es uns als Gemeinschaft gelingt Synergieeffekte zu kreieren, die mehr sind als die Summe ihrer Teile. Ich träume davon mit anderen gemeinsam zu gestalten und zu erschaffen – ohne dabei mich selbst aus den Augen zu verlieren. Ich wünsche mir sowohl Raum für individuelle Vielfalt als auch ein starkes „Wir“. Eine intentionale Gemeinschaft, die sich gegenseitig entlastet, bereichert, inspiriert – und gemeinsam anpackt. Ich wünsche mir andere Mütter, Freund*innen und ein soziales Netz im Alltag – Tür an Tür. Ich möchte Spielgefährt*innen und andere Kinder für Yuna. Gemeinsame Begegnungsräume, die einladen unkompliziert zusammen zu sein.

Ebenso wünsche ich mir eine lebendige Yoga-Community und hoffe an diesem Ort mit anderen gemeinsam zu praktizieren.

1. b) Was sind meine Essentials, die das Wohnprojekt erfüllen soll? Was am Wohnprojekt ist für mich essentiell?

Essentiell ist für mich ein großer Raum, wo Yoga, Tanz, Seminare, Feste und andere Veranstaltungen abgehalten werden können. Genauso wichtig ist mir eine Sauna.

Ebenso essentiell ist für mich, dass im Wohnprojekt andere Kinder wohnen, mit denen Yuna täglich spielen kann.

Wichtig ist mir eine Balance zwischen Eigen- und Gemeinschaftsinteressen, d.h. „nicht immer dabei sein müssen“ und dennoch ein Miteinander statt einem Nebeneinander oder gar Gegeneinander. Schön wären auch gemeinsame Rituale wie z.B. ein Sommerfest.

Sehr wichtig ist mir dabei ein bewusster und respektvoller Umgang Untereinander und mit der ganzen Menschheitsfamilie. Wertschätzende und friedvolle Kommunikation und die Bereitschaft zur Kreiskultur um eine reife Beziehungs- und Konfliktkultur zu etablieren liegen mir ebenso am Herzen wie Denkerlaubnis, Verbindlichkeit und klare Zuständigkeiten. Ich möchte transparente und von allen Bewohner*innen mitgetragene Entscheidungsprozesse (zB mithilfe von Soziokratie, Council, Fair Play, Dragon Dreaming oä.) finden und einrichten.

2) Was kann mein persönlicher Beitrag dazu sein?

Ein Beitrag ist, dass ich (schon jetzt im Vorfeld) viel Zeit, Geld, Recherche, Planung und Energie investiere um das Cohousing Projekt Fantasiahof überhaupt erst möglich zu machen.

Generell kann ich gut Konzipieren, Planen, Organisieren, Vorbereiten, Vernetzen, Ordnung und Strukturen schaffen. Ich kann aufräumen und sauber machen. Ich kann Kinder betreuen. Ich kann mit Kindern basteln und gestalten. Ich kann Yoga unterrichten. Ich kann Trance Tänze und Kreise anleiten. Ich möchte interessante Workshops mit externen Menschen initiieren. Ich kann mir, nachdem ich die nötige Anleitung und Hilfestellung bekommen habe, vorstellen im Garten zu arbeiten. Ich kann pflanzlich-vollwertig (vegan) kochen und teile gerne mein Wissen über gesunde Ernährung und koche bei gemeinsamen Events oder für Kinder. Ich kann (diplomatisch) nach außen auftreten und (regional) vernetzen. Ich kann zu Themenfeldern und Fragestellungen recherchieren. Ich kann festgelegte Aufgaben übernehmen.

3) Beschreibe ein für dich ausgewogenes Verhältnis zwischen Verbundenheit und Autonomie.

Wir alle brauchen Nähe und Raum. Ich gehe davon aus wir alle haben das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und freier Entfaltung, nach Verbundenheit und Wachstum, nach Zusammenleben mit anderen und Freiheit. Beide Pole sind zugleich unsere Grundsehnsucht. Wir alle tragen in uns den Urkonflikt zwischen Autonomie und Geborgenheit, und den Urkonflikt von Anlehnungsbedürfnis und Selbsterweiterung in (Paar)Beziehungen. Ich denke eine gute Beziehung pulsiert zwischen Nähe und Raum und achtet dieses Nähe-Distanz-Bedürfnis indem wir Ambivalenzen in uns und anderen anerkennen und in der Lage sind Raum zu geben und Raum zu nehmen. Innere Zerrissenheit und Zwiespalt der Gefühle kennt jede*r, sie sind kein Makel sondern allgegenwärtig und lebendig. Ich möchte lernen meine Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken, ohne andere anzuklagen, meinem Gegenüber auf offene Art und ohne Abwehr zuzuhören und ihm bzw. ihr den Raum zu geben sich auszudrücken. Bekanntermaßen existieren diese zwei Qualitäten schon im Mutterleib und ich glaube, dass wir diese Art Beziehungen brauchen um zu erblühen und die Erfahrung zu machen, wie schön es sein kann, wenn man gemeinsam mit anderen über sich hinaus wächst.

Ich habe in meinem Leben bereits seit meiner Kindheit überwiegend und in unterschiedlichsten WGs gewohnt, teilweise mit sehr vielen Menschen. Häufig waren dies neben den positiven Seiten durchaus äußerst belastende und schwierige Situationen für mich. Gegen Ende meine Studiums kam dann der Zeitpunkt und die Sehnsucht endlich das erste Mal ganz alleine zu wohnen. Die anschließenden 10 Jahre allein in einer kleinen Stadtwohnung – das waren sehr lehrreiche und heilsame Jahre für mich. Ich habe in diesen Jahren wirklich Vieles für mich erprobt und erkannt. Unter anderem was mein ureigener persönlicher Biorhythmus ist und wie sehr ich ihn liebe und brauche. Darüber hinaus fand ich heraus, dass ich ein Mensch bin, der seine Akkus am besten im Alleinsein (All-eins-sein) auflädt und wie dringend ich regelmäßig Zeiten und Räume für mich ganz alleine brauche, wo ich ungestört und ohne Unterbrechung sein kann. Das Gefühl der Fremdbestimmung wurde mir ein Gräuel.

So sehr ich diese selbstbestimmten und unabhängigen Jahre genossen hatte, so plötzlich waren meine Bedürfnisse und Umstände ganz andere, nachdem ich in einer verbindlichen Partnerschaft lebte und Mutter geworden war. Ich musste zum einen meine autonome Abhängigkeit anerkennen und zum anderen auch, dass ich wieder zurück in eine Gemeinschaft gekehrt war, diesmal in Form einer Kleinfamilie. Ganz unvorbereitet/unvermittelt war nun wieder das Verlangen nach einer größeren und funktionierenden Gemeinschaft in meinem Leben – und zwar jene Sehnsucht nach dem „Dorf“, denn das isolierte Vater-Mutter-Kind-Modell empfinde ich persönlich als unzureichend und in Wahrheit überfordernd für alle Beteiligten.

Doch diesmal möchte ich dieses Zusammenleben viel bewusster und aktiver gestalten als in der Vergangenheit. Ich möchte aus vergangenen Fehlern und wertvollen Erfahrungen lernen und positive Vorbilder für dieses Vorhaben finden. Daher habe ich u.a. den Lehrgang „Gemeinschaftlich Leben & Wirken“ von greenskills absolviert und mir einige konkrete Wohnprojekte angesehen und Methoden des Miteinander in Prozessarbeit mit Kleingruppen ausprobiert.

Auf unser Cohousing Projekt bezogen braucht es in meinen Augen daher eine Architektur, welche gleichermaßen Begegnungsräume und individuelle Räume für Rückzug und Privatheit schafft. Wichtig ist besonders auch das Feld der Kommunikation und klaren Abmachungen. Es braucht im täglichen Zusammenleben eine Balance zwischen Eigen- und Gemeinschaftsinteressen und für alle das Gefühl der Sicherheit und Gleichwertigkeit auf Augenhöhe.

Eine Kommune oder Wohngemeinschaft, die sich alles im Alltag teilt, wäre mir viel zu viel Nähe, das möchte ich auf keinen Fall. Klar abgetrennte einzelne individuelle Wohneinheiten sind mir wichtig, wo jede*r für sich sein kann wie und wann er/sie möchte. Auch möchte ich keinen Zwang „dabei sein zu müssen“ oder zu viel gegenseitige Vorschriften, ein leben und leben lassen ist mir wichtig. Ein fast teilnahmslos nebeneinander Leben wie oft in der Großstadt ist mir wiederum viel zu wenig Verbundenheit. Für die Kinder wünsche ich mir beispielsweise, dass die Türen jederzeit offen stehen um unkompliziert miteinander Kontakt aufnehmen zu können. Schön wäre es, wenn die Familien sich eventuell einmal die Woche gegenseitig die Kinderbetreuung abnehmen und mehrmals im Monat zusammen etwas unternehmen, spielen oder kochen. Auch für mich selbst wünsche ich mir regelmäßige Verbindung im Alltag, wie z.B. gemeinsam Yoga praktizieren, zusammen im Garten werkeln, auf einen Tee zusammen sitzen oder gemeinsam Spazieren gehen. Toll fände ich es auch ein paar Mal im Jahr gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen: Einen gemeinsamen Gemüsegarten, ein großes Sommerfest, ein Event wo die umliegende Nachbarschaft eingeladen ist, ein Kindertheater, Workshops – oder andere Experimentierräume zu schaffen.

Ich denke, dass es neben architektonischen Räumen auch „soziale Räume“ braucht, in denen wir zuhören und gehört werden. Ich kann mir das gut in Form einer Kreiskultur (z.B. Council, Wir-Prozess o.ä.) vorstellen. Dadurch entstünde Verbindung und Kontakt auf Herzensebene zwischen den Bewohner*innen. Idealerweise vielleicht sogar in einem gemeinsam festgelegten Rhythmus um einen roten Faden zu bilden, der die Verbindung dieser Art der Kommunikation nicht abreißen lässt. Gleichzeitig darf es aber auch keinen Offenbahrungszwang geben.

Und schließlich liegt für mich im Feld eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Verbundenheit & Autonomie auch noch viel persönliche Ungewissheit, die ich noch nicht einschätzen kann – und mir erst in der Zukunft durch das Tun mit anderen noch konkreter erschlossen werden wird.

4) Was will ich in die Welt tragen? (Unicorn Space)

Das, wofür ich am meisten brenne, ist Yoga. Es ist mein zentrales Lebenselixier. Ich schätze und liebe den transformierenden Charakter von Yoga, der sich in meinem Leben weit über die Übungs­matte hinaus auf alle Lebensbereiche auswirkt. Yoga bringt mich in meine Mitte, ins Hier & Jetzt, zu mehr Gelassenheit und innerer Stille. Yoga erdet mich, kräftigt mich, hält mich auf Kurs und hilft mir einen wachen, klaren und selbstreflexiven Fokus zu behalten. Es macht mir große Freude mit anderen Menschen zu teilen, was ich für mich erfahren und durch­drungen habe. Ich möchte in meinen Yogastunden einen Raum öffnen, um einmal am Tag bewusst von der Handlungsebene in die Seinsebene zu wechseln und sich der Innenschau zu widmen: Yoga ist für mich ein wundervoller Weg der Selbsterkenntnis.

Mein tiefstes Anliegen ist die Botschaft, dass wir uns aus der Unbewusstheit befreien können, um unser strahlendes Bewusstsein zu erkennen, das wir sind. Ich möchte mit der Welt die folgenden drei Qualitäten teilen: Liebe, Erwachen und Ja zum Leben. Und dadurch bewirken, dass sich die Bewusstheit dieser Welt erhöht und dass sich Glück und Freude auf dieser Welt vermehren.